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Detdiar sidj as efterluket wurden.
– VI –

aber sonst geistig begabten und unverfälschten Hörnumer
die nun fast alle dahin sind und deren Heimathdorf und
Land, aller Wahrscheinlichkeit nach, sie nicht lange über-
dauern werden. Denn jede Fluthwelle der Nordsee,
welche an die langen Sandufer Hörnums schlägt, nagt
auch daran und reißt Theile davon ab, und eine Sturm-
fluth spült oft ganze Berge Sandes in den weiten Schoß
der Nordsee. Von den einstmaligen Dörfern und Wohn-
stätten Hörnums sind nur noch 6 Hütten übrig und die
einstmaligen Bewohner schlummern den Todesschlaf mehren-
theils schon lange — nach der Sage — in den Netzen
und Armen der beutegierigen Meeresgöttin Ran.*)
— Nach 50 Jahren wird das einzige kleine noch übrige
Dorf auf Hörnum (ich meine Neu-Rantum) ver-
schwunden und nach 100 Jahren vielleicht die ganze
Halbinsel Hörnum nicht mehr sein. Dann würde man
nach abermals 100 Jahren vielleicht vergeblich fragen:
"Wo hat das Land Hörnum, das einst so seltsame, an
Dünen und Sagen reiche Land gelegen? Wo haben die
heldenmüthigen aber räthselhaften Hörnumer gewohnt?"
— wie man vergeblich nach dem versunkenen Thule
und anderen verschwundenen Ländern forscht — wenn
nicht diese Blätter oder andere davon Kunde geben. —

   Die Mythen der Altsylter Heiden erzählen nun, wie
die Elementar-Götter oder Geister auf dem wüsten
Hörnum besonders ihre Herrschaft hatten. So wie die
Menschen weichen oder aussterben in einer Gegend, so
wird das Land, wie man spricht, ein Wohnplatz der
Geister und Unholde der Nacht; von Hörnum aber

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   *) Rantum möchte seinen Namen nach der heidnischen
Göttin Ran, sowie das einstmalige benachbarte Eidum seinen
Namen nach dem Meeresgotte Eiger, Ägir oder Ögis haben.