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Detdiar sidj as efterluket wurden.
– IX –

So ist es bisher mit Rantum auf Hörnum ge-
gangen und so möchte es dereinst mit meiner ganzen
Heimath gehen. Alle friesischen Uthlande werden ohne
Zweifel dereinst eine Beute des Meeres werden. Das ist
wahrlich ein trauriger Gedanke, der mich oft beschäftigt
und quält!
Jedoch, ich bin vielleicht zu befangen, zu kurzsichtig,
zu engherzig bei dem Gedanken, daß mein theures Friesen-
land sowie dessen Volk und Name, dessen Güter, Rechte,
und Eigenschaften fortdauern müssen, wenn ich (als pa-
triotischer Friese) in dem Weltall noch Ordnung, noch
die Weisheit und Güte des Weltregierers erkennen und
verehren soll. —— Ich sollte —— ich sehe es ein — eine
höhere Welt-Anschauung gewinnen, wie schwer das auch,
von dem Standpunkte eines ungelehrten Jnselfriesen aus, mir
fallen mag. Ich sollte bedenken, daß ein Volk zu jeder
Zeit nur in einer Uebergangsperiode seiner Geschichte lebt,
nie aber eine Stufe der Vollendung erreichen, nie in
einen Zustand der Vollkonnnenheit gelangen wird, also
auch mein Volk nicht. Jch sollte mich erinnern dessen,
was die Geschichte der Menschheit und der Natur überall
so eindringlich predigt: Reichthum vergeht, Schiffe zer-
trünnnern, Menschen sterben, Gesetze nnd Begriffe wechseln,
Dörfer, Städte, ja ganze Länder werden zerstört, Ver-
fassungen, Staaten, Sprachen, Religionen, ja ganze Völker
verschwinden von dem Erdboden — und ich wollte in
dieser Welt voll Verwüstung auf etwas Dauerndes, auf
etwas Ewiges rechnen? — wollte für die kleinen, schwachen
Land- und Volkstrümmer meiner Heimath mitten in dem
gewaltigen, sturmreichen Nordmeere Bestand erwarten? —
wollte gar für meine und meines —— freilich sich nie recht
einigen — Volkes Ideen, Wünsche und Hoffnungen,